Das Kartenspielen wird ihr zum Verhängnis. Und ihre Naivität. Ihr Hang zum Romantischen. Und freilich auch der Stolz. Im Grunde ist Lily Bart weder emotional noch intellektuell gut genug gerüstet für das spiegelglatte, gesellschaftliche Parkett, auf dem sie sich bewegt. Die New Yorker High Society der Belle Époque verzeiht keine Fehler, erst recht nicht, wenn sie von alleinstehenden Ladies begangen werden, die, anstatt zu heiraten, mit Junggesellen flirten und an der Börse spekulieren. Unaufhaltsam also vollzieht sich Miss Barts Abwärtsbewegung, wird aus einer guten Partie eine Geächtete, die wiederum ihren Fall in Ungnade beinahe ungläubig verfolgt. Dabei wird sie nüchtern, doch nicht kalt beobachtet von Davies, der mit «The House of Mirth» den gleichnamigen, 1905 veröffentlichten Roman der US-amerikanischen Schriftstellerin Edith Wharton adaptiert. Wie Wharton blickt auch Davies durch ein Mikroskop auf die Feinmechanik der Konventionen und präpariert damit jenes Herrschaftsinstrument der Oberschicht heraus, dem Lily Bart in aller Unschuld zum Opfer fällt. Aus Blicken, Gesten, Worten setzt sich die Mühle zusammen, die stetig und gnadenlos die Seele einer Frau zermalmt, die von der Freiheit sich, sekundenkurz, zu träumen erlaubte.

THE HOUSE OF MIRTH
- Terence Davies
RELATED MOVIES
LES ANTELOPES
Maxime Martinot Frankreich 2020

THE FORBIDDEN ROOM
Guy Maddin Evan Johnson Kanada 2015

LA MAFIA NON È PIÙ QUELLA DI UNA VOLTA
Franco Maresco Italien 2019

JE VEUX VOIR
Joana Hadjithomas Khalil Joreige Frankreich, Libanon 2008

HUGO
Martin Scorsese USA 2011

HOMO SAPIENS
Nikolaus Geyrhalter Österreich 2016

METAAL EN MELANCHOLIE
Heddy Honigmann Niederlande 1994

REWIND & PLAY
Alain Gomis Frankreich, Deutschland 2022
