Ali wurde vor Kurzem aus einem Waisenhaus entlassen und sucht nun jenes Mädchen, von dem er glaubt, es sei seine Schwester: Zuhal. Die nun wird von ihrem Ziehvater, der sie bald zur Zweitfrau machen will, wie eine Gefangene gehalten ... Klingt wie ein Noir-Thriller, sieht so aus, fühlt sich so an – bis Big Big World einen Haken schlägt, den man nicht kommen sah: Ali findet Zuhal, Blut fliesst, mit einem Mal sind sie auf der Flucht ... Und plötzlich verwandelt sich der Film in eine Art zart-dunklen Feentraum, ein Märchen von zwei Kindern, die auszogen, in einem Zaubersumpf das Leben zu lernen ...
Reha Erdem ist der eigensinnigste Gegenwartsfilmemacher der Türkei, zudem der einzige von Weltrang, dessen Ästhetik verwurzelt ist in einer lokalen, leicht surrealistisch grundierten Moderne. Wie schon in Times and Winds (2006), Cosmos (2010) oder Jîn (2013), hat auch Big Big World etwas Schwebend-, fast Flüchtig-Ätherisches in seiner Inszenierung, das die Gravitas der Fabel, die Mächtigkeit ihrer Symbole auf immer wieder verblüffende Weise austariert. Was fast schon zu verkopft klingt angesichts der schieren haptischen Wucht des Films – des Furors, mit dem er einen in einsame Abgründe und herrliche Höhen reisst.