DISTANT VOICES, STILL LIVES

  • Terence Davies

Böse Menschen haben keine Lieder, heisst es. Darüber könnte man nun ein wenig ins Grübeln geraten, angesichts des Personals, das in diesem Film unablässig in Gesang ausbricht. Wenn es nicht gerade übereinander herzieht, sich gegenseitig beschimpft oder gar handgreiflich wird – das sind dann meist die Männer, die ihre Frauen schlagen, oder ihre Kinder.

In seinem autobiografisch inspirierten Langfilmdebüt Distant Voices, Still Lives charakterisiert Davies eine bestimmte soziale Schicht an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit: in tableauxhaft arrangierten Vignetten erzählt er aus dem Leben einer Familie der Arbeiterklasse im Liverpool der Vierziger- und frühen Fünfzigerjahre. Und er macht dies mit derart stilisierendem, ja, abstrahierendem Gestus, dass aus dem soziologisch Spezifischen schließlich das Allgemeinmenschliche hervortreten kann. Es ist, als würden sich in den Liedern die Träume und die Sehnsüchte, das warmherzige Gefühl und die Freundlichkeit ausdrücken, während die Sprache der Konfrontation mit der meist harschen Realität vorbehalten ist. Verständigung und Verständnis finden denn auch eher im Gesang statt, während der stumme Blick von der Mühsal des Alltags kündet.

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