Nur sieben ihrer fast 1800 Gedichte wurden zu ihren Lebzeiten veröffentlicht; sie selbst mied die Gesellschaft, lebte im Haus ihrer Familie in Amherst, Massachusetts, zurückgezogen in ihrem Zimmer, für sich. Inzwischen weiss die Welt freilich, wer Emily Dickinson (1830–1886) war, sie weiss um den Beitrag der US-amerikanischen Dichterin, die aus ihren überschaubaren Verhältnissen einen lyrischen Kosmos schöpfte. Enge und Weite prägen [A Quiet Passion] wie Atemzüge; ein An- und Abschwellen auch der Auseinandersetzungen, denn immer wieder hat Miss Dickinson sich zu verteidigen – ihren privaten Raum, ihre Moral, ihren Seelenfrieden, ihre Lyrik – gegen die Zudringlichkeiten der Wohlmeinenden. Und Terence Davies – dem Bildrausch dieses Jahr eine Hommage widmet – setzt ihr in seiner meisterlichen Künstlerbiografie ein Denkmal; von allem Kitsch befreit, meilenweit entfernt von naturpoetischer Gefühligkeit oder pietistischer Schwärmerei oder auch nur ausstatterischer Opulenz, gänzlich konzentriert auf den schaffenden Charakter einer Schreibenden. Die wiederum Cynthia Nixon mit unversöhnlicher Präzision und immer wieder aufbrausender Schärfe zum Leben erweckt. Eine kühle Distanz herrscht in diesem Film und ein loderndes Feuer, eine tiefe Leidenschaft in grosser Stille.
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Terence Davies