Gilderoy ist ein Genie des Filmtons, ein Sensibler, wenns um Geräusche, deren Besonderheiten, Charakteristika geht. Ein Brite obendrein, den es nach Italien verschlagen hat. Gerufen ward er von Santini, einem Prachtexemplar von Giallo-Gott. Santini will, dass Gilderoy ihm für sein aktuelles Werk bislang noch nie dagewesene Töne des Schreckens schafft – und dass er ihm dabei gehorcht.
Berberian Sound Studio (2012) ist: eine Verbeugung vor dem Eurohorrorkino der 60er- und 70er-Jahre; eine Hommage an die alte Kunst der Geräuschemacher; damit ein absolut perfekt gearbeiteter, in seiner lässig die Zone zwischen Avantgarde und Pulp auslotenden Durchgestaltung so inspirierter wie inspirierender Essay in Genrekonfektionsgestalt über das Verhältnis von Bild und Ton im Film. Am Ende erweist sich Berberian Sound Studio aber auch als eine Variation über das Stanford-Experiment, in dem es um die Abrichtbarkeit des Menschen geht. Man erinnere sich: Fast jede/r wird ganz schnell gleichgültig gegenüber dem Leid anderer, fast jede/r scheint in der Lage, Grausamkeiten zu begehen, wenn nur eine Autorität ihr/ihm sagt, dass dieses Foltern und Töten in Ordnung ist. So wird hier: das Tonstudio zum Labor, das Kino zur moralischen Anstalt.