Erst als Erwachsene und eher zufällig erfährt die 1979 in Toronto geborene Sarah Polley – Schauspielerin seit ihrer Kindheit, später dann auch Drehbuchautorin und Regisseurin u. a. der beiden Filme Away from Her und Take This Waltz –, dass ihr Vater Michael nicht ihr Erzeuger ist. In die Polley-Familie, die jahrelang Witze über die mögliche Abstammung ihres ein wenig anders als die anderen aussehenden Nesthäkchens gemacht hatte, platzt diese Entdeckung wie eine Bombe. Doch wie es sich für eine Künstlersippe gehört, geraten die Versuche der Aufarbeitung des gelüfteten Familiengeheimnisses komplex und reflektiert. Es wird geschrieben und debattiert, und schliesslich beschliesst Sarah, einen Film zu drehen: Stories We Tell ist ein facettenreiches, multiperspektivisches Unterfangen, das allen Beteiligten die Möglichkeit gibt, ihre jeweilige Sicht der Dinge darzulegen – die sich, wie sollte es anders sein, bei dieser Gelegenheit als weitaus komplizierter erweisen, denn zunächst angenommen.
Vergleichbares gilt für die von Polley gewählte Form, die über die bruchlose Montage von familiären Interviews, vorgetragenen Memoiren, Homemovie-Authentizität vorgaukelnden Super-8-Aufnahmen und persönlichem Voiceover unterschiedliche Ebenen der Abstraktion herstellt. Und verschiedene Versionen des Geschehens entstehen lässt. Wahr sind sie alle.